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 Rheinpfalz, 31.07.1999 - Unter dem Hakenkreuz

Klaus Hopf stellt „Umschichtungen“ im Ludwigshafener Stadtmuseum aus.

Von unserer Mitarbeiterin Heike Marx.

Jeder hat seine Biographie. Deren teils subjektiv, teil historisch bedingten Brüche und Verwerfungen nimmt der Einzelne nur dann wahr, wenn er sie als gruppenspezifische Abgrenzung erlebt. Eine ostdeutsche Biographie wird als Schicksal empfunden, weil sie sich von einer westdeutschen unterscheidet. Die Betroffenen setzen sich mit ihr auseinander. Über westdeutsche Biographien denkt keiner nach. Eigentlich will der Westdeutsche nicht, dass über seine Biographie nachgedacht wird. Dass Ostdeutsche dies tun, stört ihn in seiner Ruhe. Ost deutsch wie Klaus Hopf, der die Ergebnisse seines Nachdenkens im Stadtmuseum ausstellt. Er nennt sie „Umschichtungen“, und das ist mehrschichtig gemeint.

Jeder der 20 Bilder besteht aus drei Schichten: einem Kriegsfoto, einem Schriftdokument, beide fotografisch vergrößert, und einer farbenfrohen Übermalung. Alle drei haben mit der Vita des Malers zu tun und verbinden sich zu einer inhaltlichen und ästhetischen Aussage.

Klaus Hopf, geboren 1961 in Plauen, lebte von 1993 bis 1998 in Trier, seitdem lebt er in Ludwigshafen. Er hat in dieser Zeit einen fröhlich und vital anmutenden Malstil entwickelt. Kräftige, leuchtende Farben, dynamische Kompositionen in angenehmer Harmonie. Westliche Power und Lebensfreude liegen in den Bildern. Viele thematisieren den Tanz, ein Lieblingssujet der Gegenwart.

Gleichzeitig suchen diese Figurenbilder zwischen Figuration und Abstraktion die Auseinandersetzung mit der existentiellen Situation des Menschen in der Gesellschaft, transponieren also ein traditionell ostdeutsches Thema in eine ästhetisch subjektive Dimension. Hopfs „Menschenbilder“, wie er seine Arbeiten nennt, reduzieren die Figur auf ein mechanistisches Gerüst. Ihrer Farbenlust steht eine marionettenhafte und nicht selten traurige Haltung entgegen.

Da ein Künstler mit seinem Werk eine Einheit bildet, verkörpern diese Bilder Klaus Hopfs gegenwärtige Biographie. Es ergab sich, dass im Jahr 1997 zwei Ereignisse in sein eingriffen, die ihm die Verwerfungen seiner ostdeutschen Biographie intensiv bewusst machten. Nach dem Tod seines Vaters fand er in dessen Hinterlassenschaft ein Fotoalbum aus dem Frankreichfeldzug.

Siegreiche deutsche Soldaten unter dem Hakenkreuz in dem Nachbarland, mit dem uns heute eine enge Freundschaft verbindet. „Rendezvous mit Frankreich“ lautet das Thema dieses Kultursommers. Die Soldaten, die man als unterste Schicht auf den Bildern erkennen kann, sehen freundlich und harmlos aus. Doch das vielfach sichtbare Hakenkreuz weckt böse Erinnerungen.

Noch bösere Erinnerungen, freilich in einer Dimension, die kein Westdeutscher wirklich erfasst, wecken die darüber gelegten Stasi-Akten. Im gleichen Jahr 1997 erhielt Klaus Hopf Einsicht in seinige. Nach einer Ausbildung als Nachrichtentechniker hatte er eine Offizierslaufbahn als Jagdflieger der NVA begonnen und aus politischen Gründen abgebrochen. Er betätigte sich oppositionell in der evangelischen Kirche und in der Bürgerrechtsbewegung, erhielt Berufs- und Studienverbot. Die zufällige Gleichzeitigkeit von väterlicher und eigener Vergangenheit brachte ihn auf das Projekt „Umschichtungen“, das beiden Vergangenheiten die aktuelle Werkphase entgegenstellt. Die farbintensiven Figuren sind nicht spontane Übermalungen, sondern Zitate aus dem eigenen Oeuvre. Klaus Hopf hat alle drei Bildebenen in einem Computerprogramm dokumentiert. Der Besucher kann sie leicht an seinem Bildschirm abrufen. Anstelle eines Katalogs erscheint eine CD in nummerierter 100-Auflage (vergriffen).